In einer Welt, in der Rohstoffe immer kostbarer werden und die Reduzierung von CO2-Emissionen ein Muss sein sollte, spielt die Verpackung eine entscheidende Rolle, wie die Anhänger der Zero-Waste-Bewegung bereits wissen. Und die Flasche, das Haushaltsobjekt schlechthin, gehört selbstverständlich dazu! 

Wir bringen alle unser Altglas regelmässig zu Sammelstellen und Wertstoffhöfen. Diese Praxis ist so verbreitet, dass man sie als „Volkssport“ bezeichnen könnte: Mit einer Sammelquote von 97 % können nur wenige Länder mit der Schweiz konkurrieren. Doch trotz seiner Beliebtheit hat das Recycling viele Nachteile: hohe CO2-Emissionen, Transport, Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen, mangelnde Kreislaufwirtschaft… Die Ökobilanz des Recyclings ist bei weitem nicht so umweltfreundlich, wie wir denken. 

Welche Alternativen gibt es?  

Es gibt eine Lösung, die unsere Grosseltern gut kannten und die vielleicht ihr grosses Comeback erleben wird: die Wiederverwendung von Glasflaschen. Das ist nichts Revolutionäres, aber eine sehr effiziente Lösung, die dem „Zero-Waste“-Ideal nahekommt und perfekt zur Definition der Kreislaufwirtschaft passt: Lernen, Materialien und Energie so weit wie möglich wiederzuverwenden, um zu verhindern, dass Produkte zu Abfall werden. 

Das Waschen der Flaschen erfolgt mit Wasser bei etwa 80 °C, im Vergleich zu einer Erwärmung von über 1.500 °C für das Recycling von Glas, bei der Scherben geschmolzen werden müssen, um neue Flaschen herzustellen. In Bezug auf die Energie bedeutet jede Wiederverwendung eine Kompensation des ökologischen Fussabdrucks der Flaschenherstellung. Je häufiger eine Flasche wiederverwendet wird, desto weniger neue Flaschen müssen produziert werden, und umso geringer der Einfluss der Kosten ihrer ursprünglichen Herstellung. Und wenn man bedenkt, dass eine Flasche viele Male ohne Probleme, abgesehen von ein paar Kratzern, gewaschen werden kann, ist die Rechnung schnell gemacht. 

Eine Flasche wiederzuverwenden, anstatt sie nach einmaligem Gebrauch wegzuwerfen, bedeutet auch weniger Treibhausgase. Laut einer Studie der französischen Agentur für Energiewende (Ademe) erzeugt eine waschbare Flasche 85 % weniger Treibhausgase als ihr Einweg-Pendant. 

Ein weiterer Vorteil der Wiederverwendung ist der Erhalt von Sand, einer natürlichen Ressource, die für die Glasherstellung benötigt wird, aber begrenzt ist. Die energieintensive und umweltschädliche Gewinnung von Sand gefährdet zudem Ökosysteme. 

Obwohl wiederverwendbare Glasflaschen also eine bessere Umweltbilanz aufweisen als Einwegflaschen, müssen dennoch verschiedene Aspekte beachtet werden, die diesen Vorteil schmälern könnten. Dazu gehören das Transportmittel, das verwendet wird, um die gewaschenen Flaschen zu den Verkaufsstellen zurückzubringen, die zurückgelegte Distanz (sie sollte unter 250 km liegen, um die Bilanz nicht zu verschlechtern) und die Effizienz des Waschsystems, insbesondere in Bezug auf den Wasserverbrauch. Es ist daher wichtig, bei der Umsetzung einer solchen Lösung auf eine gute Logistik zu achten. 

Vielversprechende Initiativen in der Westschweiz  

In der Westschweiz ist einer der Pioniere der Flaschenwiederverwendung der Bierproduzent Docteur Gab’s. Seit seiner Gründung im Jahr 2002 sammelt, wäscht und wiederverwendet die Brauerei aus dem Kanton Waadt ihre Glasflaschen über Sammelstellen, angeschlossene Wertstoffhöfe oder direkt in der Brauerei in Puidoux. Diese Praxis ermöglicht es dem Unternehmen, etwa ein Fünftel der verkauften Flaschen zurückzugewinnen. 

Weitere Initiativen sind in jüngerer Zeit entstanden. Der Verein Réseau Consignes, gegründet von Hervé Le Pezennec in Gimel, machte sich einen Namen, indem er ein System zur Reinigung und Rückgewinnung von Flaschen auf Basis eines Pfands in Zusammenarbeit mit Milchproduzenten am Jura-Fuss einführte. Der Erfolg dieses Projekts blieb nicht unbemerkt. Die Industriellen Werke Genf (SIG) liessen sich davon inspirieren, um das Pilotprojekt J’la ramène ins Leben zu rufen. Ziel ist es, einen kantonalen Kreislauf zur Verwaltung und Wiederverwendung von Lebensmittelbehältern – hauptsächlich Glasflaschen und -gläser – auf Basis eines Pfandsystems und Sammelstellen aufzubauen. 

Auch die Initiative Ça vaut le retour verfolgt dasselbe Ziel: die Förderung der Kreislaufwirtschaft durch die Schaffung eines Systems zur Wiederverwendung von Glasverpackungen in der Region Lausanne, Gland und Nyon mit einem Netzwerk von Verkaufsstellen, Sammelstellen (mit Pfand) und Waschstationen im kleinen Massstab. Ziel ist es, die Machbarkeit, Effizienz und Rentabilität einer solchen Organisation zu demonstrieren. 

Bei den Winzern ist eine ehrgeizige Initiative entstanden: Bottle Back. Entwickelt von einem gleichnamigen Verein mit Sitz in Echichens, zielt sie darauf ab, ein kantonales oder gar nationales System zur Wiederverwendung von Glas zu schaffen. Ausgangspunkt von Bottle Back war die Erkenntnis, dass die Flaschenherstellung einer der grössten Verursacher von Treibhausgasen im Weinbausektor ist. Schätzungen zufolge entfallen zwischen 30 und 40 % der CO2-Bilanz eines Weinguts auf die Flaschen. Um das Potenzial einer solchen Initiative zu realisieren, muss die Wiederverwendung jedoch im grossen Massstab funktionieren, was erhebliche logistische, industrielle und kulturelle Herausforderungen mit sich bringt. 

Zunächst müssen die Etiketten leicht ablösbar sein, ohne Rückstände zu hinterlassen (Übergang von Aufklebern zu wasserlöslichen Etiketten). Zudem muss die Hygiene der Flaschen nach der Reinigung sichergestellt werden, und die Formate müssen standardisiert werden, damit sie von den Waschanlagen verarbeitet und zwischen den Produzenten ausgetauscht werden können. Hier müssen die Verbraucher Flexibilität zeigen und eine gewisse Standardisierung der Formate akzeptieren. Aus der grossen Vielfalt an vorhandenen Modellen hat Bottle Back zwei ausgewählt, die im Rahmen des Projekts getestet werden: das Bordeaux- und das Burgunder-Format. 

Die Rückgabe der Flaschen so einfach wie möglich zu gestalten, ist die grösste Herausforderung dieser neuen Praxis. „Die Wette ist, dass die Leute mitmachen werden, wenn das Rücknahmesystem so einfach ist wie das Recycling an Sammelstellen“, sagt Catherine Cruchon-Griggs, Winzerin in Echichens und eine der beiden Initiatorinnen von Bottle Back. „Der entscheidende Schritt besteht darin, genügend Flaschen auf dem Markt zu haben, um die Einrichtung von Sammelstellen auf den Wertstoffhöfen zu rechtfertigen.“ Denn Bottle Back plant kein Pfandsystem, sondern setzt auf den guten Willen der Menschen, da das Pfandsystem eine erhebliche Bürokratie und zusätzliche Kosten mit sich bringt, da es der Mehrwertsteuer unterliegt. 

Ein veränderliches Umfeld  

Die Schliessung des Vetropack-Werks in Saint-Prex, die in diesem Frühjahr angekündigt wurde, ist zwar eine schlechte Nachricht für das Glasrecycling, könnte aber zu einer stärkeren Wiederverwendung von Flaschen anregen. Laut VetroSwiss (der Organisation, die die vorgezogene Entsorgungsgebühr für Glasverpackungen erhebt und verwaltet) verarbeitet das Werk Saint-Prex jährlich mehr als 80.000 Tonnen Glasscherben, was etwa 26 % des Schweizer Altglases entspricht. Der Rest wird im Ausland recycelt oder zu Industrieprodukten (Isolier- und Filtermaterialien) verarbeitet. Abgesehen von Vetropack gibt es jedoch keine anderen Recyclingunternehmen, die solche Mengen verarbeiten können. Wenn das Werk in Saint-Prex geschlossen wird, wird fast das gesamte Schweizer Altglas exportiert. Die zusätzlichen Transporte werden zwangsläufig die CO2-Emissionen erhöhen. 

Zum Waschen braucht es Waschanlagen. Die Westschweiz hat in dieser Hinsicht Glück, denn die grösste Glasflaschenwaschanlage des Landes befindet sich in Siders. Sie wird von einem lokalen KMU, Univerre, betrieben. Zuversichtlich was das Potenzial des Pfand- und Wiederverwendungsmarktes angeht, hat das Unternehmen gerade in neue, handlichere Kisten investiert und eine selbstklebende Etikette entwickelt, die beim Waschen keine Rückstände hinterlässt. Mit diesen Verbesserungen hofft das Unternehmen, neue Winzer für das Flaschenwaschen zu gewinnen und träumt davon, wieder die Werte der frühen 2000er Jahre zu erreichen; damals wurden 20 Millionen Flaschen pro Jahr gewaschen, verglichen mit heute 8 Millionen. 

Fazit 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Dinge in die richtige Richtung bewegen, wenn man genauer hinsieht. Zahlreiche Initiativen im Bereich der Glasverpackungen entstehen. Auch wenn die betroffenen Mengen noch sehr gering sind – laut VetroSwiss wurden 2022 nur 0,5 % des gesammelten Glases wiederverwendet – werden die Verbraucher zunehmend die Möglichkeit haben, ihre Flaschen direkt beim Hersteller oder über Sammelstellen (mit oder ohne Pfand) zurückzugeben. Man kann darauf wetten, dass die Schweizer genauso gut in der Wiederverwendung von Glas sein werden, wie sie es im Recycling waren! 

Quellen 

Agence de la transition énergétique en France (Ademe), Rapport « Analyse de 10 dispositifs de réemploi-réutilisation d’emballages ménagers en verre », octobre 2018 

Blick : Schweizer Altglas muss nun hunderte Kilometer ins Ausland transportiert werden, 14.05.2024 

https://www.blick.ch/wirtschaft/nach-schliessung-der-letzten-glasfabrik-im-land-schweizer-altglas-muss-nun-hunderte-kilometer-ins-ausland-transportiert-werden-id19738725.html

dération Romande des Consommateurs : 

Laurianne Altwegg : Bouteille en verre ou en plastique?, 05.07.24 

https://www.frc.ch/quel-bilan-ecologique-pour-une-bouteille-en-verre

Le Temps : 

Richard Etienne, Le Temps : Où recycler notre verre, 20.03.24 

Richard Etienne, Le Temps : Le retour vers le passé des bouteilles, 01.06.24 

Richard Etienne, Le Temps : Univerre veut relancer la consigne sur les bouteilles, 12.06.24 

RTS : Une association viticole développe une bouteille de vin réutilisable, 27.04.24 

https://www.rts.ch/info/regions/vaud/2024/article/une-association-viticole-developpe-une-bouteille-de-vin-reutilisable-28480292.html

Terre & Nature : La consigne sur les bouteilles en verre signe son grand retour, 22.06.2023 

https://www.terrenature.ch/la-consigne-sur-les-bouteilles-en-verre-signe-son-grand-retour

Vetro Swiss, Jahresbericht 2022 : https://www.vetroswiss.ch/vetroswiss/jahresbericht/